Am 8. Januar 2005 erinnert der Präfekt der vatikanischen Kongregation für den Klerus, Kardinal Darío Castrillón Hoyos, in einem Brief, der an alle Priester in der Welt gerichtet war und über das Dikastero (Ministerium des Vatikans) verteilt wurde, dass sie die Pflicht haben, „vor allem die Kinder als die ersten Adressaten (für die Eucharistie) zu beschützen“.
Wir geben im Folgenden den Originaltext wieder:

Liebe priesterliche Mitbrüder,

ich wende mich an Euch, die Ihr mit unserer Internet-Seite www.clerus.org, durch E-Mail verbunden seid. Diese Homepage bietet Euch eine spezifische Dokumentation zur ständigen Weiterbildung an: und das hauptsächlich dank der Internationalen Theologischen Videokonferenzen, die seit mehr als drei Jahren von der Kongregation für den Klerus zu Themen, die Euch besonders betreffen, organisiert werden.
(…) Im Angelusgebet vom 6. Januar, dem Hochfest der Erscheinung des Herrn, hat der Heilige Vater noch einmal die Bedeutung der Kleinen in der Kirche unterstrichen: «Die Kinder sind Gegenwart und Zukunft der Kirche. Sie haben eine aktive Rolle in der Evangelisierung der Welt. Mit ihren Gebeten tragen sie dazu bei, die Welt zu retten und besser zu machen.»
Wie könnte man in diesem der Eucharistie gewidmetem Jahr nicht in besonderer Weise an jene denken, die die ersten Adressaten der Katechese in unseren Pfarreien sind: die Kinder? Wir empfangen sie, begleitet von ihren Familien, am Taufbrunnen und sehen sie später wieder, wenn sie an den Katechismus-Kursen in Vorbereitung auf die Erstkommunion teilnehmen.
Ein großer, von der Kirche heiliggesprochener Papst, nämlich Pius X., widmete gerade den Kindern viel Aufmerksamkeit und pastorale Bemühungen. Am 8. August 1910 erließ er das Dekret «Quam Singulari», in dem festgehalten wurde, dass man die Kinder ab dem Alter von sieben Jahren zum Empfang der Ersten Heiligen Kommunion zulassen dürfe.
Für die Pastoral an den Kindern bedeutete diese Entscheidung eine entscheidende Wendung: von nun an konnten sie die Heilige Kommunion empfangen, nachdem sie in ihren Pfarreien eine entsprechende Vorbereitung empfangen hatten, die ihnen die ersten und grundlegenden Wahrheiten des christlichen Glaubens vermittelte. Das Alter für die Erstkommunion wurde schon damals auf ungefähr sieben Jahre festgelegt, nämlich wenn das Kind fähig war, den Leib des Herrn von gewöhnlichem Brot zu unterscheiden.
Gemeinsam mit dem Heiligen Papst Pius X. sind viele davon überzeugt, dass diese Praxis, die Kinder ab dem Alter von sieben Jahren zur Erstkommunion zuzulassen, viele Gnaden geschenkt hat. Darüber hinaus darf man nicht die historische Tatsache außer Acht lassen, dass in der Urkirche das Sakrament der Eucharistie an die Neugeborenen im Anschluß an deren Taufe gespendet wurde und zwar in Form einiger Tropfen konsekrierten Weines.
Viele Jahrhunderte lang war die Sorge um die rechtzeitige Erstkommunion ein fester Bestandteil in der Kirchenpastoral. Diese Gewohnheit wurde vom Hl. Pius X. aufgegriffen und von seinen Nachfolgern, bis hin zu unserem Heiligen Vater Johannes Paul II., immer wieder bestätigt.
Can. 914 (CIC) fasst das Anliegen des Papstes zusammen: «Pflicht vor allem der Eltern und derer, die an Stelle der Eltern stehen, sowie des Pfarrers ist es, dafür zu sorgen, dass die Kinder, die zum Vernunftgebrauch gelangt sind, gehörig vorbereitet werden und möglichst bald, nach vorheriger sakramentaler Beichte, mit dieser göttlichen Speise gestärkt werden.»
Erst kürzlich hat der Heilige Vater für die Entscheidung des Hl. Pius X. Worte der Bewunderung gefunden. In seinem Buch «Steht auf. Lasst uns gehen!“» schreibt er: «Einer meiner Vorgänger, der Hl. Pius X., hat mit seiner Entscheidung zur Erstkommunion ein anrührendes Zeugnis pastoraler Liebe zu den Kindern gegeben. Er hat nicht nur das Alter gesenkt, um an den Tisch des Herrn zu treten,  (…) er eröffnet auch die Möglichkeit, die Hl. Kommunion schon vor dem siebenten Lebensjahr zu  empfangen, falls das Kind eine hinreichende Unterscheidungsgabe besaß. Die Frühkommunion war eine pastorale Entscheidung, die würdig ist, dass man sie lobt und ihrer gedenkt, denn sie hat viele Früchte der Heiligkeit und des Apostolates unter den Kindern bewirkt und das Aufblühen von priesterlichen Berufungen begünstigt.» Johannes Paul II., Steht auf. Lasst uns gehen, Rom 2004, S. 81).
Wir Priester, die wir von Gott berufen worden sind, in Einheit mit unseren Bischöfen das Allerheiligste Sakrament des Altares zu hüten, müssen besonders die Kinder als erste Adressaten dieser großen Gabe betrachten, die Heilige Eucharistie, welche Gott uns, die wir wie zerbrechliche Tongefäße sind, anvertraut und in unsere geweihten Hände gelegt hat.
Ich glaube, dass es zu den größten Freuden eines Pfarrers gehört, die Erstbeichte der Kinder zu hören und ihnen danach die Erstkommunion zu reichen. Je kleiner sie sind, desto gewisser kann man davon ausgehen, dass sie Christus im Sakrament in würdiger Weise in ihr Herz aufnehmen. Der Geist eines Kindes, das zum Vernunftgebrauch gelangt ist – und heute gelangt es früh in dieses Stadium – ist offen und empfänglich für das göttliche Licht, welches das Geheimnis der Liebe Gottes zu den Menschen durchscheinen lässt.  Über den Verstand hinaus erhebt uns der Glaube, welcher – und das haben wir oft in unseren Pfarreien beobachten können – gerade in den Kindern lebendig ist, die oft besser als die Erwachsenen dazu fähig sind, in der Unmittelbarkeit des Gebetes ihrer Nähe zum Herrn Ausdruck zu geben.
Wir wollen daher hoffen, dass diese heilige, von den letzten Päpsten ohne Ausnahme angemahnte Tradition, die kleinen Kinder nach der Erstbeichte zur Erstkommunion zuzulassen, besonders im Jahr der Eucharistie immer mehr geschätzt und soweit wie möglich befolgt wird. Beten wir gemeinsam darum, dass die pastorale Liebe zur treibenden Kraft für jeden Pfarrer werde, damit in Gemeinschaft mit dem Bischof, in Zusammenarbeit mit den Familien und den Erziehern der Kinder die Liebe zur Heiligen Eucharistie schon den Kleinkindern eingeflößt wird. Die Sehnsucht, den Leib Christi zu empfangen, ist der sichere Weg, um eine Zukunft des Friedens und der Heiligkeit zu gewährleisten, die nicht nur den einzelnen Gläubigen, sondern die ganze christliche Gemeinschaft betrifft.

In der Verbundenheit des Gebetes verbleibe ich hochachtungsvoll in Christus

Aus dem Vatikan, 8. Januar 2005
Darío Card. Castrillón Hoyos
Präfekt der Kongregation für den Klerus