(Herausgeber P. Michael Prader, Auszug aus  „Die Gebetsnester“)

Die Boten Gottes

Liebe Kinder, ich bin sehr froh, dass ich nun zu euch über die Engel sprechen kann. So werden wir gemeinsam das Geschenk Gottes, also den „Heiligen Engel“, kennenlernen und noch mehr zu schätzen wissen, zumal uns die Erfahrungen im Leben immer mehr die wirkliche Gegenwart dieser Himmlischen Brüder erfahren lassen.
Die Gottesmutter wird sehr froh über euer Interesse an den Engeln sein, dieses wird schon aus dem Tatbestand von Fatima ersichtlich, wo ja der Engel der Bote der Gottesmutter gewesen ist, und somit natürlich auch der Bote unseres Herrn Jesus Christus selbst.
Ich möchte euch mit den Worten der Allerreinsten Jungfrau sagen: „Liebt den Engel, hört auf ihn und befolgt das, was er sagt, denn er steht Mir, die ich die Mutter der Kirche und der ganzen Welt bin, zu Diensten.“
Jetzt suchen wir einmal nach der Antwort auf zwei Fragen:
- Wie kommt es, dass die Gottesmutter, ehe Sie selbst kommt, um die Kinder zu sehen und mit ihnen zu sprechen, einen Engel vorausschickt?
- Warum ist dieser Engel der Engel Portugals und nicht einer der Schutzengel der Kinder?
Die Antwort darauf ist sehr einfach und ist für beide der Fragen die gleiche: es ist die Bedeutung und die  große Tragweite der Botschaft von Fatima, die einer solchen Form bedarf.
Die Bibel weist uns mehrere Male auf diese Wahrheit hin, es genügt, dabei an die wohl bedeutendste Botschaft zu denken, die der Heilige Erzengel Gabriel der Jungfrau verkündete, nämlich dass Gott in Ihr Fleisch werden würde.
Für eine besondere Botschaft ist es ganz logisch, dass man dazu auch einen besonderen Boten auserwählt. Der Schutzengel, unser Freund und Bruder, der Tag und Nacht bei uns ist und seiner Aufgabe  niemals müde wird, wurde uns als Begleiter und Helfer zur Seite gegeben.
Im Falle von Fatima haben wir jedoch einen ganz speziellen Fall. Eine wichtige Botschaft wird erteilt, die nicht nur an die drei Hirtenkinder, sondern an alle Kinder, an alle Menschen, an die Kirche, an die ganze Welt gerichtet ist. Der Engel musste daher die Kinder gut vorbereiten und unterweisen, damit sie ihre Aufgabe als Botschafter der Gottesmutter erfüllen konnten: sie mussten daher schon gelernt haben zu beten, zu leiden, anzubeten, zu schweigen usw. …
Zu diesem Ziele wird der Engel Portugals geschickt (der Schutzpatron Portugals ist der Heilige Erzengel Michael), weil das ganze Portugiesische Volk dazu auserwählt war, die Botschaft der Gottesmutter zu leben und an die anderen Völker, zunächst an das Volk Gottes, das aus den Gliedern der Kirche gebildet ist, weiterzugeben.

Deshalb sind auch wir dazu aufgerufen, der Botschaft der Gottesmutter zu folgen und uns von dem Engel unterweisen zu lassen, damit wir für unsere Aufgabe, Jesus heutzutage zu bezeugen, gut vorbereitet sind. Unser Engel, der uns tagtäglich nahe ist, ist in unserem Gewissen der Bote des Göttlichen Willens.
Unsere Mutter Kirche lässt uns in der Heiligen Messe zu Ehren der Schutzengel die Göttlichen Worte hören, die die Aufgabe des Engels erklären. Es sind Worte, die an das Volk Israel gerichtet sind, und da ein Volk immer aus dem Verband vieler Einzelner besteht, hat die Kirche wohlweislich diese Worte in den Kontext der Heiligen Messe zu den Schutzengeln aufgenommen:
„Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht. Er soll dich auf dem Weg schützen und dich an den Ort bringen, den ich bestimmt habe. Achte auf ihn, und hör auf seine Stimme! Widersetze dich ihm nicht! Er würde es nicht ertragen, wenn ihr euch auflehnt; denn in ihm ist mein Name gegenwärtig. Wenn du auf seine Stimme hörst und alles tust, was ich sage, dann werde ich der Feind deiner Feinde sein und alle in die Enge treiben, die dich bedrängen.“  Aus dem Buch Exodus, 23,20-22.

Das Beispiel der Engel

Am 13 Mai 1942 sprach der Kardinal von Lissabon erstmals von den Erscheinungen des Engels in Fatima. Francisco und Jacinta waren schon in den Himmel gegangen ohne darüber zu sprechen. Lucia erzählte von diesen Episoden und zeigte den Ort der Engelerscheinungen lediglich aus Gehorsam und 25 Jahre danach.
Warum dieses Stillschweigen?
Weil der Engel von Fatima als der Diener Mariens kommt, und als solcher hat er nur die Aufgabe, die Kinder auf die Begegnung mit Ihr vorzubereiten. Er bleibt im Schatten, lässt seiner Königin und Ihrer Botschaft den Vorrang.
Dies ist ein Beispiel von der DEMUT der Engel, die sie damit demonstrieren. Sie sprechen von sich selbst nur dann, wenn es der Herr will. Sie schauen unentwegt das Angesicht Gottes, um Seinen Willen zu erkennen und eilen, um diesen ohne zu zaudern zu erfüllen. Die Flügel, mit denen sie sich zeigen, symbolisieren die Unverzüglichkeit, mit der sie fliegen, um den Willen des Herrn zu tun.
Sie wünschen nichts anderes zu sein, als die „Diener“ Gottes, denn sie fühlen sich tatsächlich als Seine Geschöpfe und haben kein anderes Bedürfnis, als Ihm dienen zu können. Das ist die vollkommene Demut, mit der der Heilige Michael einst ausgerufen hat: „Wer ist wie Gott?“, sich damit dem absurden Stolz Luzifers entgegenstellend, der Gott gegenüber rebellierte.
Maria, die allerdemütigste und reine Jungfrau und Mutter hat die Tugend der Engel selbst gelebt und lebt sie noch. Nach einem armseligen und verborgenen Leben im Dienste des Sohnes und der noch jungen Kirche, wurde Sie in den Himmel aufgenommen und über alle Wesen als Mutter und Königin gestellt. Doch lebt Sie fortgesetzt im Geiste der Engel und lässt sich nur dann hören und sehen, wenn Gott es will.
Die Kinder von Fatima lernen in der Schule des Engels und in jener der Gottesmutter, treu dem einmal gegebenen Wort zu sein, über die Geheimnisse, die ihnen anvertraut wurden, zu schweigen, demütig gegenüber dem Willen Gottes und gehorsam bis zum Heroismus zu sein, ohne dabei Schmeicheleien auf den Leim zu gehen, Drohungen zu fürchten oder irgendwelchen Prahlereien zu verfallen. Der Engel hatte ihnen gesagt, dass sie schweigen sollten. Sie waren folgsam und bewahrten in ihrem Herzen das großartige Ereignis der Erscheinungen.
Nach dem Beispiel der Gottesmutter und der Kinder von Fatima tun wir es den Engeln durch eine vollkommene Bereitschaft zum Willen Gottes gleich. Wir lehnen uns nicht wie Luzifer auf und suchen, nur das zu tun, was uns selbst gefällt. Wir wollen Gott treu bleiben und Ihn bezeugen, wie es der heilige Michael tat: „Wer ist wie Gott?“
Was für eine Kraft steckt in dem Ausruf Michaels! Wiederholen wir ihn oft, als einen Pfeil und wie einen Schild gegen das Böse! Was für ein Ausdruck des Glaubens und der Liebe! Was für eine Ehre des Herrn!

Ihr heiligen Engel, lehrt uns die DEMUT, lehrt uns das Schweigen und die Treue, lehrt uns, das Angesicht Gottes zu schauen, von dem uns das Licht auf dem Weg unseres Lebens kommt!

Wind der weckt und formt

Liebe Kinder, bleiben wir noch einmal bei der Geschichte der Erscheinung des Engels vor den drei Hirtenkindern, die der Kardinal von Lissabon am 13. Mai 1942 auf der Basis von Lucias Niederschriften bekannt gab:
„Wir hatten gerade unseren Rosenkranz gebetet, danach begannen wir zu spielen… plötzlich kam ein starker Wind auf, der die Bäume schüttelte… jetzt sahen wir einen Jüngling von etwa 14 oder 15 Jahren auf uns zukommen, der weißer noch als der Schnee war, und den die Sonne wie einen Kristall durchschien…“
Denken wir nun etwas über diese Worte nach.

„Wir hatten gerade unseren Rosenkranz gebetet“: die Kinder beteten und waren deshalb darauf vorbereitet, das Wort Gottes zu hören. Ihre Seelen waren Gott gegenüber offen, gleich einer Blume, die ihre Blüte zum Himmel öffnet.
Wir müssen also beten, um unsere Seele zu Gott zu öffnen. Wer nicht beten will, der verschließt sich Gott!

„Ein starker Wind kam auf und schüttelte die Bäume“: in der Heiligen Schrift ist der Wind das Symbol des lebendigen Wirkens des Heiligen Geistes. Am Pfingsttag, während die Apostel im Gebet vereint waren, „kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, …alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt“. (Apg 2,2-4).
Der Windstoß, den die Kinder von Fatima wahrnahmen, ist für sie wie ein besonderes Pfingsten: wie die Apostel, werden auch sie erneuert, geformt, im Heiligen Geist gestärkt. Sie werden aus ihrer materiellen Realität herausgenommen und in himmlische Sphären erhoben. Sie werden für die harten Prüfungen gestählt, die sie erwarten, und sie werden dazu bereit sein, ein außergewöhnliches Zeugnis für den Glauben und die Liebe abzulegen. Für sie beginnt ein neues Leben, auf dem sie einen Weg eines außerordentlichen Leides und einer Ehre zurücklegen, vorbereitet und geführt von dem Engel.
Hat sich das Geschehen, das in Fatima durch den Heiligen Geist begann, in den drei Hirtenkindern erschöpft? Nein, wir sind nachhaltig davon überzeugt, dass Lucia, Francisco und Jacinta die Erstlinge in dem neuen Leben, das von der Gottesmutter versprochen worden ist, gewesen sind.
Liebe Kinder, bleibt beharrlich im Gebet, besonders im beten des Rosenkranzes, und der Wind der Liebe Gottes wird auch euch mit fortreißen:

O Maria,
mach, dass auch wir
mit Gebeten und gutem Willen
den Blütenkelch unserer Seele zu Gott hin offen halten.
Damit uns unser Schutzengel
Seine Botschaft bringen und uns zu IHM führen kann.

Die Erscheinung des Engels

Liebe Kinder,
wir waren dabei, über die Erscheinung des Engels von Portugal vor den Hirtenkindern nachzudenken, wir sprachen von dem Wind – dem Zeichen des Heiligen Geistes – von dem man, obwohl er wahrhaft existiert, nicht sieht woher er kommt und wohin er geht, wie es Jesus gesagt hat.
Die drei Kinder, die sich nach Osten wenden, sehen einen wunderschönen und leuchtenden Jüngling, der sich ihnen als Engel Portugals vorstellt. Es war kein gewöhnliches Sehen, denn die Engel sind Geistwesen, was bedeutet, dass sie keinen Körper besitzen. Deshalb gibt es bei dem Sehen der Kinder eine außergewöhnliche Fähigkeit, die dem Menschen naturgemäß nicht eigen ist. Es war ein Sehen kraft eines besonderen spirituellen Lichtes, das die Seele als Gnade empfangen kann, wenn Gott es will.
Wenn jemand diese Gabe erhält, spricht man von Vision.
Der Engel lebt im Reich des Geistes, und die Hirtenkinder wurden durch die Vision des Engels in diese spirituelle Welt eingeführt.
Auch unsere Seele, wenn sie rein ist und in Liebe zu Gott steht, ist ein Teil dieser Welt, doch die Augen sind davor noch verhüllt. Wenn der Herr es will, kann Er uns die Augen öffnen und uns gestatten, die Dinge, wie sie im Himmel sein werden, zu sehen. Wie Er es auch nach der Auferstehung mit den Aposteln tat. Jesus ließ sich nämlich von den Aposteln in Seinem wahren, vergeistigten Körper sehen und sagte zu dem Heiligen Thomas, der zunächst nicht glauben wollte: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig die nicht sehen und doch glauben.“ (Joh 20,29).
Dies gilt auch für uns. Selig sind auch wir, wenn wir glauben, obwohl wir nicht sehen: Gott wird uns den Lohn für unseren Glauben geben, dafür, dass wir Ihn ehren. Die Engel sind gegenwärtig  und dienen Gott in der Welt, ohne dass man sie sieht. Wie es auch unsere Seele gibt, die man nicht sehen kann, die uns aber sprechen, denken, entscheiden, lieben, verzeihen lässt… Sie ist Geistwesen und wir erkennen sie in ihrem Handeln im Körper, der ihr Instrument ist.
Heutzutage wollen viele nicht an die Existenz der Seele und auch nicht an die Existenz der Engel glauben. Wie sind sie doch arm dran! Sie haben den Glauben verloren und mit dem Glauben das, was sie dann ruhelos suchen: die wahre Freude des Lebens, die im Geiste und in dem Wissen besteht, dass man in Ewigkeit leben wird und das alles sein Ziel in Gott hat!

Mein Engel,
ich glaube, dass Du existierst.
Ich glaube an die Existenz meiner geistigen Seele,
die, so wie Du, niemals sterben wird.
Du bist der große Bruder meiner Seele.

Hilf mir, diese für unseren Herrn zu bewahren.

 

Schnell daherfliegend, näherte er sich…

Was mir beim Lesen der Geschichte der Kinder von Fatima besonders auffiel war, dass der Engel schnell daherkam. Genau diese Ausdrucksweise wird in der Heiligen Schrift benutzt, wenn von dem Erzengel Gabriel gesprochen wird, der schnell daherfliegend sich näherte…
„Schnell daherfliegend, näherte er sich…“: suchen wir einmal in dem Handeln des Engels für unser Leben eine Lehre zu ziehen. Ich denke, dass sich auch unser Schutzengel uns eiligen Flugs nähert, um unserem Gewissen das Wort Gottes zu bringen. Für uns ist es dann wichtig zu HÖREN und sofort zu GEHORCHEN, denn:
- wenn wir schnell gehorchen, versichern wir uns der Gnade und der Hilfe Gottes;
- wenn wir schnell gehorchen, besiegen wir das Böse. Wehe, wenn wir – wie Eva – mit der Versuchung spielen: sie macht taumeln und lässt zu Boden stürzen.
Der Engel erfüllt „schnellstens“ die Aufgabe, die ihm SEIN HERR erteilt. Kinder, folgt seinem Beispiel!

Das Aussehen der Engel

Von dem Engel berichtend, erzählt Lucia von Fatima: „Wir haben einen Jüngling von 14 oder 15 Jahren gesehen.“
Jemand von euch könnte nun einwenden: „Dann ist also der Engel ein Jüngling?“ Nein, er ist ein Geistwesen und besitzt keinen Körper. „Aber die Fatimakinder sagen doch, sie haben einen Jüngling gesehen! Wie erklärt sich denn das?“
Die Engel folgen dem Beispiel Gottes, der, um den Menschen zu retten, diesem in seinem Menschsein ähnlich sein will: da der Mensch unfähig ist, sich selbst zu retten, macht Er sich ihm gleich, um ihn zu erlösen.
Der Engel wird nicht Mensch, wie es der Sohn Gottes geworden ist, doch nimmt er das Aussehen des Menschen an. Um sich den Kindern anzugleichen, ist es zu verstehen, dass er auch das Aussehen eines Jünglings annimmt.
Die Engel können zum Zeichen ihrer Gegenwart das Licht oder auch einen anderen Modus wählen, doch im Allgemeinen begegnen sie dem Menschen unter dem Aspekt einer menschlichen Figur. In der Heiligen Schrift zeigt sich der Engel dem Propheten Daniel in der Gestalt eines Mannes. Dem jungen Tobias präsentiert er sich als ein Altersgenosse und Weggefährte auf seiner langen Reise, ihn dabei in vielen Gefahren helfend und ihn verteidigend.
„Lassen sich die Engel auch heute noch sehen?“, könnte mich jemand von euch fragen. Die deutlichste Antwort darauf können wir erhalten, wenn wir über das Leben und die Briefe von Pater Pio von Pietrelcina einmal nachdenken, den Kapuzinerpater, der bereits im Alter von 18 Jahren stigmatisiert war. Als er noch ein kleiner Junge war, war er häufig allein, ohne dabei die lärmende Gemeinschaft mit Freunden zu suchen. Dieses Verhalten mag manchem etwas seltsam vorgekommen sein, doch er selbst bekannte es dann viel später, dass er sich stets in der Gesellschaft seines Schutzengels befunden hat, der gleichzeitig auch sein Spielgefährte war. Und er glaubte fest, dass auch die anderen Kinder ihren Engel sehen könnten…
Als er dann Theologiestudent und ein junger Priester war, schrieb er an seinen vorgesetzten Seelsorger über den fortgesetzten Kontakt zu seinem Schutzengel, der ihm das Französisch erklärte und ihm die Buchstaben in dieser Sprache diktierte, die er selbst nie studiert hatte. Der ihm aus dem Griechischen übersetzte, das ihm unbekannt war. Der ging und ihn weckte, um gemeinsam das morgendliche Stundengebet zum Herrn zu beten. Pater Pio beschwerte sich auch bei dem Engel, worauf dieser ihm eine „hübsche, kleine Predigt“ hielt. Ebenso beauftragte Pater Pio den Schutzengel mit der Pflicht, zu gehen und die geplagten Seelen zu trösten. Der Engel war sein folgsamer Sekretär. (Pater Pio von Pietrelcina, Briefsammlung I).
Die Engel sind uns immer nahe und auch stets dazu bereit, uns zu helfen, so, wie es uns die Heilige Schrift, die Kinder von Fatima und Pater Pio von Pietrelcina sagen.
Wir hingegen müssen sie lieben und im Glauben anrufen.